Die Raubritter vom Ringsee

Vor vielen hundert Jahren haben drüben auf der Insel, dem sogenannten Fischerfleck vor dem Ringsee, böse Raubritter eine mächtige Burg erbaut.

Zuerst gaben sie vor, das Kloster Tegernsee mit bewaffneter Hand vor Feinden schützen zu wollen. Starke, steinerne Mauern mit zackigem Zinnenkranz und hohen Wehrtürmen schauten drohend herüber über den See zum uralten Kloster.

Aber bald beklagten sich die Bauern beim Abt über das freche Treiben der Raubgesellen in der Burg. Immer wieder wurden ihnen Kühe von der Wiese weggestohlen oder gleich eine ganze Herde Schafe von der Weide weggetrieben. Die großen Lastfuhrwerke der Kaufleute, die aus Italien kostbare Samt- und Seidenstoffe oder aus Südtirol edle Weine auch gelegentlich über den Achenpaß durch Tegernsee fuhren, plünderten sie vollkommen aus und brachten das Geraubte auf ihre Burg, die mitten im Wasser als uneinnehmbar galt. Dort hielten sie große Freß- und Saufgelage ab und ihr besoffenes Geschrei drang herüber über den See bis an die stillen Klostermauern.

Bevor der regierende Abt des mächtigen Klosters wehrtüchtige Männer zusammengeholt hatte, um die Raubritter zu besiegen und zu vertreiben, fiel er ihnen auf der einsamen Landstraße zum Achensee, als er auf die Jagd zum Juifen ritt, wo es die langgehörnten Steinböcke gab, selber mit ein paar Klosterjägern in die Hände: Er wurde in ein dunkles Verließ der unheimlichen Wasserburg gesperrt.

Die Klostermönche kamen mit Ruderbooten heran und flehten die unholden Gesellen um Gnade an und boten als Lösegeld 500 Goldgulden, der Räuberhauptmann aber wollte das Doppelte. Ja, sie steckten einen langen Balken zum obersten Turmfenster heraus, hängten daran mit einer Rolle und einem starken Seil einen eisernen Gitterkäfig und setzten den unglücklichen Klosterabt hinein. Dann ließen sie ihn mehrmals bis tief herab aufs Wasser patschen und untertauchen, endlich zogen sie ihn halb ertrunken wieder in die Höhe, unter höhnischem Gelächter und schauerlichen Drohungen. Die Klosterbrüder mußten froh sein, daß sie selber ohne Schaden wieder aus der Nähe des gefürchteten Räubernestes heil ins Kloster Tegernsee heimkehren konnten.

Später hat man sich doch noch mit den Raubrittern auf 600 Gulden Lösegeld geeinigt, der Abt durfte zurückkehren ins Kloster. Bald darauf zerstörte ein gewaltiges Erdbeben die Burg. Sie war doch auf sumpfigen Grund gebaut, die Türme und Mauern stürzten in sich zusammen und erschlugen alle Räuber und ihren Hauptmann.

Über den Autor*Innen

Jörg Bornmann

Als ich im April 2006 mit Wanderfreak an den Start ging, dachte noch keiner an Blogs. Viele schüttelten nur ungläubig den Kopf, als ich Ihnen von meinem Traum erzählte ein reines Online-Wandermagazin auf den Markt zu bringen, welches eine hohe journalistische Qualität aufweisen kann, eine Qualität, die man bisher nur im Printbereich kannte. Mir war dabei bewusst, dass ich Reisejournalisten und Spezialisten finden musste, die an meine Idee glaubten und ich fand sie.