Living Planet Tour - Ein Interview mit Dirk Steffens

Dirk Steffens präsentiert die Living Planet Tour

Dirk Steffens präsentiert die Living Planet Tour. Es handelt sich dabei um einen Live-Vortrag, der sich thematisch dem 2-jährlich erscheinenden Living Planet Report vom WWF widmet. Dirk Steffens ist seit Jahren WWF Botschafter und allein aus beruflichen Gründen viel auf Reisen.

Dabei hat er über die Jahre leider festgestellt, dass überall auf der Welt dasselbe Problem herrscht: Wir Menschen beuten die Erde aus und verdrängen die Natur und provozieren damit das größte Artensterben seit dem Verschwinden der Dinosaurier!

Im Vorfeld führten wir ein Interview mit Dirk Steffens rund um die Themen des Vortrags.

WF: Ab Februar 2016 tourst du mit dem Vortrag LIVING PLANET durch Deutschland. Die Basis ist der zweijährlich vom WWF publizierte Living Planet Report - eine Art Gesundheitsbericht unseres Heimatplaneten. Wie geht es der Erde denn?

Dirk Steffens: Ihr Zustand ist kritisch. Die Verschwendung von Ressourcen, der Klimawandel, die Meeresversauerung, das Artensterben belasten die Natur, während gleichzeitig die Zahl der Menschen immer weiter ansteigt - wir sollten dringend ein paar lebenserhaltende Maßnahmen einleiten. Die gute Nachricht: Wir wissen, welche Medizin den Patienten retten kann. Wir müssen sie nur noch verabreichen. Möglichst bald. Denn je länger wir damit warten, desto höher muss die Dosierung sein und desto schmerzhafter wird es für uns alle.

WF: Wie sammelt der WWF die Daten des Living Planet Reports?

Dirk Steffens: Auf zwei Arten: Zum einen fasst der WWF aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zusammen, die Forscher auf der ganzen Welt gewonnen haben und analysiert sie. Ein Beispiel dafür sind die Daten aus dem Klimabericht des IPCC, des Weltklimarates der Vereinten Nationen. Außerdem sammeln Wissenschaftler aber auch Daten direkt im Auftrag des WWF, genauso machen es Mitarbeiter der Organisation. So ist etwa der Living Planet Index entstanden, der die schwindende Biodiversität auf der Erde anzeigt. Der Report insgesamt ist also keine Meinungsäußerung, sondern eine Faktensammlung.

WF: Wir leben über unsere Verhältnisse. Du sagst, wir verbrauchen 1,5 Erden. Was meinst du damit?

Dirk Steffens: Für eine Tasse Kaffee gehen 140 Liter Wasser drauf, für ein Kilogramm Shrimps sterben bis zu 20 Kilogramm andere Meereslebewesen als Beifang. Für jeden Deutschen müssen 4,5 globale Hektar auf dem Planeten zur Verfügung stehen, um unseren Lebensstil zu ermöglichen. Auf dieser Fläche produzieren Pflanzen unsere Atemluft, darauf können wir unsere Häuser bauen, dort entsteht unsere Nahrung. Wir verfügen zur Zeit auf der Erde insgesamt über etwa 12 Milliarden globale Hektar, die wir nutzen können. Der Rest ist Mathematik: Wie viel produziert die Erde, wie viele Menschen gibt es, wie viel verbraucht jeder einzelne? Unterm Strich steht: Der menschliche Ressourcenverbrauch ist etwa 50 Prozent zu hoch. Also bräuchten wir 1,5 Erden, um so weiterzumachen. Würden alle so verschwenderisch leben wie wir Deutschen, wären es sogar gut zweieinhalb Erden.

WF: Warum hat unsere Lebensweise Auswirkungen auf die Tierwelt? Welche Arten sind besonders betroffen und warum?

Dirk Steffens: Wir teilen uns die Erde mit Millionen anderer Arten, leben also in einer globalen Wohngemeinschaft. Aber da wir den Großteil der Ressourcen für uns beanspruchen, uns immer weiter ausbreiten und den Lebensraum der Mitbewohner immer weiter einengen, stehen mittlerweile etwa 23.000 Arten auf der Roten Liste. Es gibt nur noch 3200 Tiger, 1600 Pandas, 800 Berggorillas, 120 Kakapos. Es sterben zur Zeit so viele Arten aus wie seit dem Verschwinden der Dinosaurier nicht mehr. Das muss uns Sorgen machen, denn vereinfacht gesagt: Ohne Bienen keine Äpfel. Oder zumindest deutlich weniger. Wir brauchen Artenvielfalt, um selber überleben zu können.

WF: Können wir überhaupt noch etwas daran ändern?

Dirk Steffens: Klar, wir müssen nur nachhaltig leben und wirtschaften; nur noch die Ressourcen eines Planeten verbrauchen. Dabei können uns moderne Technologien genauso behilflich sein wie Korrekturen unserer Lebensgewohnheiten. Jeder von uns hat jeden Tag beim Arbeiten, bei der Freizeitgestaltung, beim Einkaufen die Möglichkeit, ein bisschen die Welt zu retten. Nur ein Beispiel: Der Verzehr von einem Kilo Rindfleisch verursacht so viel CO2 wie 1.500 Kilometer Autofahren. Ein Mal die Woche auf Fleisch zu verzichten, ist also eine wirklich gute Umwelttat.

WF: Warum ist auch der Klimawandel eine Bedrohung?

Dirk Steffens: Weil sich viele Tierarten möglicherweise nicht schnell genug anpassen können, weil in vielen Regionen die Nahrungsmittelproduktion schwieriger wird, extreme Wetterlagen sich häufen könnten, die Gletscher schmelzen und die Meere steigen. Der Klimawandel wird die Zukunft der Menschheit prägen. Mehr oder weniger stark, das hängt von uns ab.

WF: Wie versuchst du im Alltag Rücksicht auf den ökologischen Fußabdruck zu nehmen?

Dirk Steffens: Nur mit dem Auto fahren, wenn es wirklich sein muss; Lebensmittel aus nachhaltiger Produktion kaufen; und ich esse fast überhaupt kein Fleisch mehr, das hilft schon sehr viel. Ab und zu mal eine Spende an eine Umweltorganisation ist auch nicht schlecht.

WF: Wenn wir nichts daran ändern sollten – wie würde unsere Zukunft bzw. die unserer Kinder aussehen?

Dirk Steffens: Unser Lebensstandard würde wahrscheinlich sinken. Viele Küstenregionen würden wegen des Klimawandels unbewohnbar. Es würde immer schwieriger, genug Nahrungsmittel für alle zu produzieren und Konflikte um Wasser und andere Ressourcen könnten sogar Kriege auslösen. Viele Tier- und Pflanzenarten könnten aussterben, was unabsehbare Folgen für uns Menschen hätte und, und, und. Zum Glück ist das alles nicht zwangsläufig. Wir haben unser Schicksal in der Hand.

WF: Woher kommt dein persönliches Interesse an dem Thema?

Dirk Steffens: Ich reise seit fast einem Vierteljahrhundert um die Welt und bin in dieser Zeit unfreiwillig Augenzeuge des globalen Wandels geworden, weil ich ja viele Orte mehrfach besucht habe. Wer selber sieht, wie die Riffe immer kleiner und die Tiere immer seltener werden, hat irgendwann gar keine andere Wahl, als Umweltschützer zu werden. Und die vielen Wissenschaftler, die ich überall auf der Welt getroffen habe, sagen im Prinzip alle das Gleiche: Die Natur hat ihre Belastungsgrenze erreicht.

WF: Als WWF Botschafter, TV Moderator und Naturfilmer hast du schon über 120 Länder bereist. Auf welchen Reisen und Expeditionen war der Ausmaß des ökologischen Fußabdrucks am Größten?

Dirk Steffens: An den Stränden unbewohnter Südseeinseln türmt sich der Müll, die Muttererde Madagaskars erodiert ins Meer, die Wüste Gobi breitet sich aus und Grönland verliert jedes Jahr viele Milliarden Tonnen Eis - der gesamte Planet ist betroffen, die Katastrophe global. Aber ärmere Länder können die Folgen natürlich weniger gut abfedern als die reichen Nationen in den gemäßigten Zonen.

WF: Die Auswirkungen der Menschheit auf diese Länder sind also dramatisch. Durch deine Reisen siehst du die Auswirkungen oder den Zerfall deutlicher als viele andere Menschen. Sind das die Schattenseiten deines Berufs?

Dirk Steffens: Ja. Aber die Erde ist immer noch wunderschön und die Apokalypse noch ein gutes Stück entfernt. Ich bin also nicht verzweifelt, sondern motiviert, ein kleines bisschen beizutragen zum Wandel, der notwendig ist.

WF: Ist dein Blick schon so auf die Gesundheit der Erde konzentriert, dass du im Urlaub kaum noch abschalten kannst?

Dirk Steffens: Nein, gar nicht, es gibt auf der Erde so viele zauberhafte Orte, dass es überhaupt nicht schwierig ist, die Probleme auch mal eine Zeit lang zu vergessen. Immer schlechte Laune zu haben und vom Weltuntergang zu reden, hilft ja keinem.

WF: Du hast ein paar Semester Politik und Geschichte studiert und als Nachrichtenredakteur gearbeitet. Wie bist du zum Dokumentar-Filmen gekommen?

Dirk Steffens: Schon als ganz kleiner Junge war ich ein großer Fan von Tierfilmen und habe zum Einschlafen Tierbücher gelesen. Eigentlich mache ich jetzt genau das, wovon ich als Kind geträumt habe. Und als Journalist hat man ja das Privileg, selber bestimmen zu können, in welchem Genre man sich betätigt. Für mich war der Dokumentarfilm schon immer das Ziel.

WF: Um die Welt reisen, mit Haien schwimmen, mit Wölfen heulen – ein Traumjob, oder?

Dirk Steffens: Ja. Der beste Job, den es überhaupt gibt.

WF: Der australische Zoodirektor, Abenteurer und Dokumentarfilme Steve Irwin starb bei Unterwasseraufnahmen an den Folgen eines Stichs des Stachelrochens ins Herz. Wie gefährlich ist der Job mit den Tieren? Sind die Gefahren kalkulierbar?

Dirk Steffens:
Die Gefahren sind kalkulierbar aber ein kleines Restrisiko bleibt immer. Ich glaube allerdings, das Gefährlichste an der Wildnis ist die Autofahrt dorthin. Viel bedrohlicher als wilde Tiere sind, so viel habe ich in den vergangenen Jahrzehnten gelernt, exotische Krankheiten und die Unberechenbarkeit der Menschen.

WF: Wie wichtig ist es dir als Dokumentarfilmer und Moderator auf die Problematik der beschädigten Erde aufmerksam zu machen?

Dirk Steffens:
Es gibt nichts Wichtigeres auf der Welt, als unsere Lebensgrundlagen zu erhalten. Ich würde mich wirklich freuen, wenn ich ein klein wenig dabei mithelfen könnte, dieses Ziel zu erreichen.

WF: Ein Boulevardblatt hat dich mal „Indiana Jones des ZDF“ genannt. Siehst du dich als Entertainer oder Umweltaktivist?

Dirk Steffens:
Als Umweltaktivisten, der manchmal auch ein bisschen unterhält, um seine „message“ rüberzubringen.

WF: Was möchtest du den Menschen gerne mitgeben?

Dirk Steffens:
Die Living Planet Tour soll zum Nachdenken anregen und natürlich auch Spaß machen. Die Welt zu retten ist ja etwas Schönes - und genau so soll es sich auch anfühlen.

Termine der Vortragstour:

8. Feb. Nürnberg
9. Feb. Dresden
10. Feb. Leipzig
11. Feb. Berlin
12. Feb. Karlsruhe
13. Feb. Frankfurt/a.M.
14. Feb. Essen
15. Feb. Hamburg
16. Feb. Düsseldorf
17. Feb. Hannover
18. Feb. Stuttgart
20. Feb. Köln
21. Feb. München

Karten und weitere Informationen

Über den Autor*Innen

Jörg Bornmann

Als ich im April 2006 mit Wanderfreak an den Start ging, dachte noch keiner an Blogs. Viele schüttelten nur ungläubig den Kopf, als ich Ihnen von meinem Traum erzählte ein reines Online-Wandermagazin auf den Markt zu bringen, welches eine hohe journalistische Qualität aufweisen kann, eine Qualität, die man bisher nur im Printbereich kannte. Mir war dabei bewusst, dass ich Reisejournalisten und Spezialisten finden musste, die an meine Idee glaubten und ich fand sie.