Wandern im Urwald Sababurg mit Ritter Dietrich

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Wandern im Urwald Sababurg mit Ritter Dietrich - Unterwegs zwischen Eichen und Buchen im nordhessischen Reinhardswald - (c) Gabi Vögele
Wandern im Urwald Sababurg mit Ritter Dietrich - Unterwegs zwischen Eichen und Buchen im nordhessischen Reinhardswald - (c) Jörg Bornmann

Nördlich von Kassel im nordhessischen Mittelgebirge Reinhardswald, dem zweitgrößten Waldgebiet Hessens, findet man die Sababurg, vielen auch als Dornröschenschloss aus dem Märchen der Brüder Grimm bekannt.

Die Entstehung des Namens Reinhardswald
Zur Entstehung des Namens Reinhardswald gibt es verschiedene Erklärungen. Die wahrscheinlichste hat bereits Jacob Grimm in einem Aufsatz über die Entstehung hessischer Ortsnamen beschrieben. Danach würde der Name Reinhardswald für das Mittelgebirge auf den Ortsnamen des kleinen Dorfes Reginhereshuson zurück gehen. Eine Theorie, die auch von heutigen Historikern als Erklärung bevorzugt wird.

Wir bevorzugen bei unserem Besuch im Reinhardswald jedoch lieber eine andere Erklärung, eine Sage. Demnach verzockt, so würde man wohl heute sagen, Graf Reinhard ein Spieler und Trunkenbold sein gesamtes Vermögen und seine Besitztümer. Er bittet den Gewinner, den Paderborner Bischof, daraufhin um die Gnade noch einmal eine Ernte einfahren zu dürfen. Der Bischof gewährte ihm dies und Reinhard, mit einer Schläue, die man oft der Landbevölkerung nachsagt, sät Eicheln. Die Ernte ist bis heute nicht eingefahren.

Wandern mit dem Ritter Dietrich
Diese Sage passt auch deutlich besser zu unserem heutigen Begleiter, dem Ritter Dietrich. Mit ihm wollen wir den Urwald Sababurg erkunden und es wird eine etwas andere Waldwanderung, geprägt von Mythen und Sagen, von Natureindrücken und Philosophie. Ritter Dietrich, der uns bereits am Vorabend unser Hotel Trendelburg, auf der das Märchen von Rapunzel verortet ist, mit seinen Geschichten nähergebracht hat, erwartet uns am Parkplatz zum Urwald Sababurg.

Der Urwald Sababurg, eine Berühmtheit unter den deutschen Wäldern
Doch bevor uns Ritter Dietrich auf seine Reise in längst vergangene Zeiten mitnimmt, erzählt er uns einiges zum Urwald Sababurg. Hier, im Reich der Baumriesen, haben viele Besucher sofort den Eindruck ‚So sieht Wildnis aus‘. In Wirklichkeit ist dieser ‚Urwald‘ aber ein Nutzwald, ein sogenannter Hutewald. Die Hute, oder Waldweide, wurden in früheren Zeiten angelegt, um den Bauern der Region eine zusätzliche Möglichkeit zu bieten ihr Vieh zu ernähren. In den Waldnutzungsrechte war hier festgeschrieben, dass Adel und Klerus in den Wäldern jagen durften, die Landbevölkerung durften ihre Tiere nach verbrieftem Recht auf die Wiesen der Hutewälder treiben und hüten. Die Eicheln und Bucheckern der Bäume gaben Schweinen, Rindern und Schafen zusätzliche Nahrung. Mehr als die Hälfte des Reinhardswalds waren Hutewälder. Es ist bekannt, dass aus den Dörfern bis zu 5.000 Schweine, 3.000 Rinder, 6.000 Pferde und 20.000 Schafe in die Hutewälder getrieben wurden. Im Reinhardswald sind bis zum heutigen Tag noch einige Hutewälder erhalten. Der Urwald Sababurg gehört jedoch nicht zu diesen erhaltenen Hutewäldern, nur sein alter Baumbestand geht auf einen solchen zurück. Etwa 1865 wurde die Nutzung des Waldes als Waldweide eingestellt. Seit knapp 115 Jahren steht der Urwald Sababurg unter Naturschutz und ist somit das älteste Schutzgebiet in ganz Hessen. Alt werden Eichen und Buchen, 400 Jahre wächst eine Eiche und 400 Jahre stirbt sie sagt man. Die Buche hingegen wächst ebenfalls bis zu 400 Jahre, doch stirbt sie danach schnell ab. Längst haben sich Adlerfarne auf den ehemals offenen Plätzen durchgesetzt und junge Buchen gewinnen unter dem Schutz der alten Baumriesen die Oberhand im Wald. Der nordhessische Künstler Theodor Rocholl (1854 bis 1933) malte den Urwald Sababurg und setzte sich für den Schutz dieser einzigartigen Landschaft ein. Zahlreiche seltene Tierarten wie der Hirschkäfer oder auch der Eremit leben wie über 1.000 weitere Käferarten im Totholzbereich des Urwaldes Sababurg. Schwarzspechte, Waldkauz und Hohltaube lieben das Holz der alten Baumriesen zur Futtersuche und zum Bau ihrer Nisthöhlen. Zahlreiche europäische Fledermausarten finden im ehemaligen Hutewald einen idealen Lebensraum. Und auch viele Säugetiere wie Eichhörnchen und Marder kann man mit etwas Geduld hier beobachten.

Bizarre Baumgestallten beflügeln die Fantasie
Nachdem uns Ritter Dietrich so einen historischen und biologischen Abriss über den Hutewald und den Urwald Sababurg gegeben hat, entführt er uns bei der Wanderung, oder besser gesagt dem philosophischen Spaziergang, in seine Sagen und Märchenwelt. Ritter Dietrich nimmt uns an die Hand und führt uns durch die bizarre Welt des Urwalds Sababurg. Benötigen wir von Anfang noch geistigen Anstoß, nimmt dieser märchenhafte Wald unsere Fantasie bald komplett gefangen. Ritter Dietrich zeigt uns, anhand der Baumriesen oder kleiner Schösslinge zwischen den mächtigen Farnen, die Entstehung von Leben und das Sterben. Er zeigt uns eine Buche mit Anfang und Ende. Abgebrochen und eigentlich bereits abgestorben sucht ein dicker Ast im Boden neuen Halt und belohnt sich für die Mühen mit neuen Trieben, neuem Leben. Dietrich erzählt uns kurze Sagen, er bezieht das Landschaftsbild ein in seine philosophischen Gedanken, Geisteswissenschaft zum Angreifen und Begreifen.

Viele der alten Bäume hat der Volksmund längst Namen gegeben. Bei der Kamineiche kann sich jeder vorstellen, warum der hohle Baum, der im Innenraum lediglich den Blick zum hessischen Himmel frei gibt, so heißt. Der Name der Margareteneiche geht auf eine alte Erzählung zurück, in der die Liebe zwischen Margarete und einem Prinzen verboten wurde und, da sich die Liebenden nicht an das Verbot hielten, beide in Bäume verwandelt wurden. Längst ist der Baum, in den der Prinz verwandelt wurde, abgestorben, Margarete lebt jedoch als Eiche weiter. Zwei Beispiele für die Fantasie der Bewohner des Reinhardswalds, angeregt durch die Kraft des Urwalds Sababurg.

Der Reinhardswald, Urlaubsregion für Naturliebhaber und Genussfreaks
Der Reinhardswald und der Urwald Sababurg sind ein Ganzjahresziel. Ob gemütliche Winterwanderungen in der kalten Jahreszeit, Ausflüge im Frühjahr, wenn das frische Leben den Wald beherrscht, schattigen Wanderungen im Sommer unter den Laubkronen der Baumriesen oder verwunschene Erlebnisse im herbstlich gefärbten Wald, hier hat jede Jahreszeit einen besonderen Reiz. Weitere Ziele für eine Wanderung durch den Reinhardswald sind sicherlich die als Dornröschenschloss der Brüder Grimm bekannte Sababurg. Noch heute findet man hier eine Rosenhecke. Der gleichnamige Tierpark ist besonders für Familien ein beliebtes Ausflugsziel. In der Gaststätte zum Thiergarten am Eingang zum Tierpark kann man sich nach einer Wanderung oder dem Besuch des Tierparks mit regionalen Spezialitäten, wie der nordhessischen Ursalami, der Ahlen Wurst, stärken und belohnen. Für die Radlfreaks unter unseren Lesern sei vielleicht noch erwähnt, dass es vor dem Eingang zum Tierpark Schließfächer mit Steckdosen gibt. Hier kann man nicht nur sein Fahrradgepäck aufbewahren, sondern auch die Akkus der E-Bikes aufladen.

Weitere Informationen
Grimm Heimat Nordhessen
Naturpark Reinhardswald
Urwald Sababurg
Sababurg
Tierpark Sababurg
Gaststätte zum Thiergarten
Hotel Trendelburg

Über den Autor*Innen

Jörg Bornmann

Als ich im April 2006 mit Wanderfreak an den Start ging, dachte noch keiner an Blogs. Viele schüttelten nur ungläubig den Kopf, als ich Ihnen von meinem Traum erzählte ein reines Online-Wandermagazin auf den Markt zu bringen, welches eine hohe journalistische Qualität aufweisen kann, eine Qualität, die man bisher nur im Printbereich kannte. Mir war dabei bewusst, dass ich Reisejournalisten und Spezialisten finden musste, die an meine Idee glaubten und ich fand sie.