Grenzenlose Alpenerlebnisse rund um den Simplon

Bilder und Text: Adelheid Wanninger

Rund um die italienischen Ossola-Täler bis hinein ins schweizerische Wallis gibt es traumhafte Wandermöglichkeiten. Dabei reichen die Schwierigkeitsgrade von einfach bis anspruchsvoll, so dass jedem Anspruch gerecht wird.

Nordwestlich des Lago Maggiore und damit im nördlichsten Zipfel der italienischen Region Piemont gelegen, bilden die Ossola-Täler mit ihren unterschiedlichen Landschaften und Orten einen Kosmos für sich. Anmutige Täler wie die Val Formazza, herrliche Schutzgebiete wie der Parco Naturale Alpe Veglia Alpe Devero und be­eindruckende Naturschauspiele wie die Schluchten von Uriezzo üben einen ganz besonderen Reiz aus. Ebenso laden kulturelle Schätze wie der zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Heilige Kalvarienberg in Domodossola ein.

Der Besuch der beeindruckenden Schluchten von Uriezzo nahe Baceno ist fast ein Muss. Hier zeigt sich, wie sich die Kräfte des Schmelzwassers die durch Gletscherrisse nach unter flossen und einen „Fluss unter dem Gletscher“ bildeten, tief in den Fels arbeiteten. Der Druck der 1300 bis 1700 Meter dicken Eisschicht ließ den Fluss Toce hier ganze Arbeit leisten. So entstanden die Marmitte die Giganti – die Schüsseln der Riesen - in denen man den silberschimmernden Gneis von Verampio bewundern kann.

Von der Alpe Devero aus zieht sich der piemontesische Teil des berühmten Fernwanderweg GTA. Abends noch ein leckeres Essen mit regionaltypischen Köstlichkeiten im hübschen Casa Fontana (www.casafontanadevero.it ) das auch Übernachtungsmöglichkeiten bietet – und dann: schnell ins Bett. Der nächste Tag wird anstrengend, denn es gilt einen Pass zu überqueren.

Die Wanderung auf dem Fernwanderweg GTA (Grande Traversata delle Alpi) beginnt zunächst gemütlich, fast wie ein Spaziergang. Die insgesamt 16,5 km lange Strecke - offiziell mittleren Schwierigkeitsgrads - führt von der auf 1.640 Metern gelegenen Alpe Devero entlang des tiefblauen Devero-Sees, steigt dann aber doch steil an bis zur Scatta Minoia. Über Schnee und Gesteinsfelder erreicht man den mit 2.599 m höchsten Punkt der Wanderung.

Nassgeschwitzt ist es an der Zeit, sich hier im Schutzunterstand ein trockenes Oberteil anzuziehen und auch die Windjacke findet ihren Einsatz. Nach einer Stärkung beginnt der Abstieg zum Rifugio Margaroli – ganz eindeutig der noch weit anspruchsvollere Teil und nur mit bestem Schuhwerk und ausreichend Erfahrung zu begehen, denn es geht über riesen Felsblöcke, durchsetzt mit lockerem Gestein steil hinunter. Da muss jeder Tritt sitzen! Zur Belohnung zeigt sich schon bald der Lago Vannino an dessen Ende das Ziel winkt. Über blühende Wiesen und an Bachläufen entlang zieht sich der Weg noch einmal hinauf, bevor er dann wieder zur Berghütte Margaroli (www.rifugiomargaroli.it) auf 2.194 m abfällt.


Nach etwa 7 Stunden sind 959 m ↑ │ 405 m ↓ Höhenmeter geschafft. Gerade rechtzeitig bevor der Wind und Regen aufkommt! Eine kalte Dusche, deftiges Essen und guter Rotwein runden den ersten Etappentag ab. Die Nacht in Mehrbettzimmern ist nicht Jedermanns Sache, aber die Sonnenstrahlen des nächsten Morgens entschädigen für mangelnden Schlaf.

Noch einmal wird es stramm: Der Anstieg bis zum Passo Nefelgiu auf 2.583 m und somit dem höchsten Punkt der Überquerung, ist von Beginn an steil. Dennoch macht es einfach Spaß, sich immer wieder einmal zurück zu wenden, den See unter sich liegen zu sehen und die weit entfernten Berge, die tags zuvor gemeistert wurden. Die 390 m ↑ Höhenmeter sind relativ schnell in einer Stunde geschafft. Auch hier liegt die Schwierigkeit eher im Abstieg, der mit 855 m ↓ m in einer Zeit von rund drei Stunden bewältigt werden kann. Wir wählen am Schluss den serpentinenartigen Weg hinunter zum Stausee Lago di Morasco um uns dort hinter den Staumauern im Bachbett die Füße zu erfrischen. Die 10,5 km lange Strecke mittleren Schwierigkeitsgrads endet in Riale (1.731 m), einem kleinen Bergdorf, das mit seinen zauberhaften Holzhäusern wie aus dem Bilderbuch zu stammen scheint.

Den Nachmittag und Abend verbringen wir in Crego im Rifugio Monte Zeus. Bergführer Marco hat aus dem historischen Haus eine Unterkunft mit kleinem Restaurant geschaffen, die einen ganz eigenen Charme birgt. Venanzio, Koch aus Leidenschaft, kreiert die herrlichsten Aufläufe mit Gemüse und Käse, rührt Polenta und brät knusprige Rippchen. Göttlich!

Der nächste Tag führt auf eine Wanderung ganz anderer Art:

Vom Zentrum der mittelalterlichen Stadt Domodossola aus, geht es auf die Erkundung des Heiligen Kalvarienbergs (Sacro Monte Calvario). Hier am Hügel von Mattarella erlebt man mehr als 1500 Jahre Siedlungsgeschichte und damit verbunden auch religiöse Geschichte. Die strategische Position des Hügels machte ihn zum militärisch heiß umkämpften Punkt. Nach der Besatzung und Zerstörung durch Schweizer Heere waren es im Jahr 1656 zwei Kapuzinermönche, die die Idee hatten, den Hügel in ein Bollwerk des christlichen Glaubens zu verwandeln. In verschiedenen Bauphasen wurden nach und nach 15 Kapellen errichtet, ausgestattet mit Holz- und Steinfiguren verschiedener Künstler – finanziert durch Gaben Gläubiger aller Schichten. Seit 1991 ist der Heilige Kalvarienberg Naturschutzreservat und zählt seit 1993 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die Bewältigung der Höhenmeter von der auf 280 Metern übrigens niedrigst gelegenen Stadt der Alpen, hinauf auf 420 Meter ist über die gepflasterte Steinstrasse ein Kinderspiel. Wer daher weiterlaufen möchte wählt die etwa 8 km lange Wanderung auf dem Weg der Weinpressen und Mühlen (Via dei Torchi e dei Mulini) zum Agriturismo Zaretti. Nach einer Stärkung mit Salumi, Speck, gebackenen Zucchiniblüten und Formaggi, kann man auf der Via del Mercato nach Masera und Trontano spazieren und von dort mit der kleinen Vigezzina-Bahn durch Wein- und en nach Domodossola zurückkehren.


Wem die Wandermöglichkeiten auf piemonteser Seite noch nicht genügen, der macht seine Alpenerlebnisse einfach „grenzenlos“. Eine Bahn- Fahrt durch den Simplontunnel führt nach Brig in die Schweiz.

Von dort geht es bequem mit dem Postauto nach Blatten bei Naters und via Gondel hoch auf die Belalp. Ein Spaziergang zum Hotel Belalp am Rande des UNESCO-Welterbes Schweizer Alpen Jungfrau-Aletsch bietet Blicke auf unzählige Drei- und Viertausender, das Matterhorn und den Ausläufer des Grossen Aletschgletscher.

„ In 90 Jahren etwa wird der Gletscher zu einem riesigen See abgeschmolzen sein“, berichtet UNESCO-Projektleiter Mario Gertschen. Unsere Enkel oder Urenkel werden also den größten Gletscher der Alpen nicht mehr sehen können!

Infos unter:

http://domoalpi.illagomaggiore.com   
www.distrettolaghi.it    
www.jungfraualetsch.ch

TIPP:

Auf der Belalp unbedingt Safran Risotto essen! Dazu passt herrlich ein Glas Petit Arvin…
Safran wird hier direkt am Berg im Ort Mund angebaut!

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