Für Pflanzen-Liebhaber und hoffnungslose Romantiker

Flache Ebenen und sanfte Hügel kennenzeichen die Landschaft um die Gemeinde Sona. Nahe an Verona und am Gardasee gelegen, beschert diese Ecke der Provinz Verona vor allem Freunden der Botanik interessante Wanderwege.

Weinberge und sanfte Hügel prägen das Bild der Landschaft um die Stadt Sona, aber in dieser Region gibt es noch einen weiteren Hauptdarsteller: den Bagolaro (den Zürgelbaum). Immer wieder trifft man beim Wandern auf den majestätischen, großen, schattenspendenden Baum. Auf einer der Strecken im Valle del Tione (Tionetal), die auch eine gut ausgeschilderte Fahrradtour für Mountainbiker ist, befindet sich sogar ein über 400 Jahre altes Exemplar. Der Ausgangspunkt für unsere Wanderung ist die Ortschaft Guastalla Nuova. Das Auto haben wir an der alten ghiacciaia geparkt: Sie diente in der Vergangenheit als Lagerraum für Schnee und Eis. Ganz in der Nähe beginnt ein unbefestigter Weg, der an einem Golfplatz entlang führt. Domizio begleitet uns auf einem Streifzug durch seine Heimatgegend. Zum Glück haben wir seinen Rat befolgt und eine große Flasche Wasser – und ein paar Stücke Fogasin, die typische Focaccia der Region – in den Rucksack gepackt, denn heute ist es sehr heiß. Nach knapp einem Kilometer geht der Weg geradeaus weiter, im Schatten erfrischender Bäume. Ein kleiner Bach, der später in den Fluss Tione fließen wird, murmelt am Wegrand. Es dauert nicht lange bis wir den Tunnel dell’Amore (Liebestunnel) erreicht haben, eine Art Laubengang aus Haselnuss-Sträuchern, Platanen, Flaumeichen und Mäusedorn. Auf ungefähr einem  halben Kilometer wächst hier eine so üppige und dichte Vegetation, dass sich Verliebte vor indiskreten Blicken geschützt, ungestört küssen können: Ist das der Grund für diesen Namen? Am Ende des Liebestunnels biegen wir rechter Hand ab und plötzlich befinden wir uns mitten im sattgrünen Tionetal.
Wir folgen den Weg bis zur Brücke, wo der leichte Anstieg zum Monte Cornone beginnt. Dort treffen wir auf einen Förster, der von seiner schattigen Position aus das Tal beobachtet: „Neben Hasen, Eichhörnchen, Dachsen und Füchsen kann man auch auf Frettchen und Steinmarder stoßen“, erzählt er uns. Domizio ergänzt, dass es hier auch Rebhühner, Wachteln und Nachtigallen zuhause sind. Zwischen Nussbäumen und Maulbeerbäumen hin und her springende Eichhörnchen zeigen uns dann den weiteren Weg. Am Ende des Anstiegs öffnet sich eine Ebene. Erst jetzt merken wir, dass sich dunkle Wolken Richtung Süden zusammenziehen – in der Ferne donnert es schon. An den Wegrändern wächst Kamille und blüht der Perückenstrauch. Jetzt nimmt der Wind zu, Domizio zeigt uns eine Abkürzung, die allerdings durch den Privatbesitz eines Weilers führt. Er bittet den Inhaber, uns durchzulassen; nach der ersten ablehnenden Reaktion (angeblich versuchen viele den Weg auf diese Weise abzukürzen), gibt er dann doch nach: Der Himmel verspricht tatsächlich nichts Gutes! Auch hier treffen wir auf die prächtigen, uns inzwischen vertraut gewordenen Zürgelbäume. In der Lokalität Serraglio kommen wir an dem gleichnamigen, sehr gepflegten Agriturismo vorbei. Inzwischen ist der Himmel heller geworden, die gewitterigen Wolken haben sich woanders entladen! An den Ufern des Flusses Tione fliegen wunderschöne schwarze Libellen. Vorbei an Maisfeldern, Weinbergen und Obstgärten marschieren wir Richtung Guastalla Vecchia: Hier ziert eine Hecke aus Rosmarin, Lavendel und Heckenkirschen ein elegantes Relais. Vor einem Bauernhof bleiben wir stehen, um einen uralten Bagolaro zu bewundern: Der Baum ist innen komplett ausgehöhlt: Vielleicht wurde er über die Jahrhunderte mehrfach vom Blitz getroffen? Jetzt sind wir nicht mehr weit entfernt vom unseren Ausgangspunkt. Am Ende schenkt uns der Weg noch eine wundervolle Aussicht auf den noch leicht verschneiten Monte Baldo.

Zurück in Sona kehren wir am Abend im „El Bagolo“ ein: Das dreigängige Menü haben wir uns verdient, denn immerhin sind wir doch ein paar Kilometer gewandert, und das in einem bemerkenswerten Tempo! Dazu kosten wir selbstverständlich den Custoza, einen Weißwein, der diese Region auch im Ausland bekannt gemacht hat.

Zwischen Kirschbäumen, Weinreben und wild wachsenden Orchideen

Am darauf folgenden Tag entscheiden wir uns für eine kurze und für jedermann geeignete Wandertour. Neben dem Eingang des Belvedere in der Ortschaft Palazzolo gibt es einen kurzen, leichten Anstieg, an dessen Ende ein unbefestigter Weg beginnt. Wir ignorieren das Schild „proprietà privata“ (Privatbesitz), denn uns wurde erklärt, dass man hier den Privatgrund zu Fuß betreten darf – und tatsächlich fragt keiner uns, was wir dort machen. Wir wandern an einem mit Custoza-Reben bebauten Weinberg entlang. Auf der linken Seite reihen sich Wacholder, Weißdorn, Brombeeren und Hundsrosen abwechselnd aneinander. Auch wilder Spargel ist hier zu finden. Die Kirschbäume sind um diese Zeit so beladen, dass sich die Zweige bis zum Boden neigen, und so sind die süßen roten Früchte für uns griffbereit. Wir entdecken dabei auch kleine, wunderschöne wild wachsende Orchideen: eine Pyramidenorchidee und ein Affen-Knabenkraut (Orchis simia). An einer Grundwasserquelle endet unsere kurze Wanderung. Bevor wir umkehren, werfen wir noch einen Blick auf den allgegenwärtigen Monte Baldo am Horizont.

Informationen:

Comune di Sona, Tel.: 0039-045-6091211

www.comune.sona.vr.it

Anreisen:

Mit dem Auto:
Der Brennerautobahn A22 bis zur Ausfahrt Verona Nord, dann der Beschilderung weiter Richtung Sommacampagna und Sona folgen.  

www.brennerautobahn.de

Mit dem Flugzeug: Der nächstgelegene Flughafen ist der Aeroporto Valerio Catullo in Verona – nur 12 km von Sona weit entfernt.

www.aeroportidelgarda.it

Die beste Zeit zum Wandern:

Zu vermeiden sind die heißen Hochsommertage. Wild wachsende Orchideen kann man nur Mitte-Ende Mai entdecken.


Übernachten:

Antica Dimora del Turco

Der raffinierte Agriturismo liegt in sehr ruhiger Lage versteckt zwischen den Weinbergen und ist im rustikalen Stil eingerichtet. Bei schönem Wetter frühstückt man draußen im großen, sonnigen Innenhof.

Località Turco, San Giorgio in Salici (Ortschaft von Sona) – Tel.: 0039-045-6095285

www.anticadimoradelturco.it

Einkehren/Einkaufen:

Ristorantino “El Bagolo”

Via Molina 1, Sona - Tel.: 0039-045-6082117

Trattoria Belvedere

Via Belvedere 40, San Giorgio in Salici (Ortschaft von Sona) - Tel.: 0039-045-7190017

Eisdiele Agrigelateria


www.agrigelateriamanzati.it

Azienda Agricola Faccioli

Ausgezeichnete Weine, wie der Custoza d.o.p. Montescuro.

www.facciolivino.it

Villa Merighi

Seit 1996 zertifizierte Bio-Weine.

www.villamerighi.it

Bäckerei Tacconi

Via Gramsci 6, Palazzolo di Sona (Ortschaft von Sona) - Tel.: 0039-045-6082170

Text und Bilder: Nicoletta De Rossi


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