Im Reich der blühenden Berge

Klettern im Rosengarten - Der Cyprianerhof vor dem glühenden Rosengarten - (c) Cyprianerhof

Der Rosengarten in den Südtiroler Dolomiten ist seit jeher sagenumwoben und eine Faszination für alle Kletterer und Klettersteiggeher. Die schroffen Felszacken ragen sich am Tage kerzengerade und grau dem Himmel entgegen. Nachts verschwinden sie am Horizont wie eine dunkle Wand. Doch bei Sonnenauf- und Sonnenuntergang leuchten sie oft hell wie rote und orangefarbene Blüten.

Der Sage zufolge ist dies das Werk des Zwergenkönigs Laurin, der einst im Kampf um eine schöne Maid dem Dietrich von Bern unterlag und seinen Garten voller Rosen, den Rosengarten, mit einem Fluch belegte. Weder bei Tag noch bei Nacht solle ihn jemals mehr ein Menschenauge zu sehen bekommen. Der König hatte jedoch die Dämmerung vergessen, und so kommt es, dass der Rosengarten am Morgen und Abend immer wieder aufs Neue erblüht.

Dieses wunderbare Schauspiel der Natur können die Gäste des Cyprianerhofs sozusagen in erster Reihe erleben, wenn sie beim Frühstück oder beim Abendessen auf der Terrasse oder im Restaurant mit der ausladenden Glasfront sitzen und direkt auf das Bergmassiv blicken. Auch wir dürfen erleben, wie sich das steinerne Grau einmal in leuchtendes Weiß und ein anderes Mal in glühendes Rot verwandelt. „Jetzt ist Fotoshooting-Zeit. Machen Sie schnell, bevor alles verblüht“, ruft uns Maria, die Sommelière des Hauses zu und lacht. Sie kennt das schon, dass plötzliche alle Gäste, die gerade noch eifrig am essen und trinken waren, ihre Stoffservietten auf den Tisch werfen und hastig hinauslaufen, um auch ja das perfekte Foto nicht zu verpassen. „Ich schenke Ihnen inzwischen den Wein ein, dann kann er noch schön atmen“, sagt Maria, „und öffnet eine Flasche mit dem bezeichnenden Namen „Bergmann“, eine Riserva aus der autochthonen Rebsorte Lagrein vom „Bergmannhof“ in Eppan. Tiefrot und dicht fließt er ins Glas und erweist sich nach einer kurzen „Atempause“als idealer Begleiter zum butterzarten Rinderfilet mit Kräuterkartoffeln und hiesigem Gemüse. Dieses genussvolle Duo und der Blick auf die glühenden Berggipfel steigern unser Südtirol-Urlaubsfeeling und den Wunsch, diesen wunderbaren Gipfeln noch ein ganzes Stück näher zu kommen.

Dem Rosengarten entgegen

Diesen Wunsch erfüllt uns am übernächsten Morgen Kletterführer Francesco Banissoni prompt. Nach eingehender Besprechung am Vortag, bei der wir ihn als Stadtkinder über unsere dürftigen Kletterkünste aufklären, fällt die Wahl auf den Masaré-Klettersteig. „Kein Problem“, entgegnet der drahtige Naturbursche mit sonnengegerbter Haut auf unsere Unsicherheit „wir üben am Felsbrocken, ich erkläre euch die Technik des Klettersteigsets und dann gehen wir in einer gesicherten Seilschaft eine meiner Lieblingsrouten hinauf. Die hat alles, was man braucht: Leitern, kleine Kamine, luftige Stellen und Kraxelei am Fels.“ Für mäßige Klettersteiggeherinnen wie uns hört sich das gewagt an, aber Francesco ist guten Mutes und freut sich auf die Tour.

Zwischen Himmel und Fels

Am nächsten Tag stehen dann wir und zwei weitere Mädels um 8 Uhr morgens parat. Francesco fährt uns mit Schmackes im Auto hinauf zum Paolina-Rosengarten-Sessellift, an dessen Bergstation unsere Tour beginnt. Wir marschieren erst zur urigen Paolinahütte (2125 m) , deren Panoramaterrasse wir aber erst nach getaner Kletterei genießen. Nach einer kleinen gesicherten Kraxelei am Felsbrocken und den ersten Abseilversuchen führt uns Francesco über schottriges Gelände zum Einstieg des Klettersteigs. „Whow, da geht’s aber stramm hinauf“, schießt es mir durch den Kopf, während Francesco uns in aller Gemütsruhe einbindet, das korrekte Anlegen des Sets überprüft und dann locker ruft „Vai, und los geht’s!“ Der Steig führt über griffigen Fels entlang eines Felsturm in eine Scharte, über Querungen und senkrechte Kamine. Meist befinden wir uns im Schwierigkeitsgrad B, manche Stellen sind Schwierigkeitsgrad C, was aber dank Klettersteigset, der Seilschaft und das Zureden unseres Führers gut zu bewältigen ist. Anstrengend ist’s nur für die ungeübten Arme, auch wenn wir Francescos Beintechnik zu beherzigen versuchen. Wir steigen, kraxeln und zieh’n uns gut eineinhalb Stunden lang hinauf auf die Masaréspitze auf 2585 Metern Höhe. Platz ist nicht viel auf dem kleinen felsigen Gipfel, aber die Aussicht ist bombastisch und selten hat ein Schluck Wasser so gut geschmeckt. „Ihr seid Spitze!“, ermuntert uns der Guide, der technisch und didaktisch einen perfekten Job hingelegt hat. Die anfängliche Angst ist verflogen, mit Umsicht und Selbstbewusstsein treten wir unsere restliche Kletterei zurück zur Hütte an. Noch ein Kamin hier, eine Leiter da und immer die Südtiroler Sonne, die einem am blauen Himmel entgegenstrahlt. Noch ein, zwei Kletterpassagen – und da tut sich in der Ferne dann wir ein bunter Tupfer wieder die Paolinahütte auf. Am Ende des Steigs angelangt, legen wir unser Klettergeschirr ab und wandern etwas erschöpft aber zufrieden mit unserer Leistung auf einem lockeren Steig der Hütte entgegen. „Dort oben seid ihr entlang gekraxelt.“ Francesco zeigt nochmals auf den schmalen Grat am Fels, bevor er sich ganz einem kühlen Bier und den deftigen Hüttennudeln widmet. Whow, wir sind beeindruckt, was wir Stadtkinder an diesem Tag geschafft haben, und sagen „Grazie, Francesco, dass du uns Laurins Rosengarten so nahe gebracht hast.“

Infokasten: Cyprianerhof

4 *S Wellnesshotel unterhalb des Rosengartens in Tiers.

Familie Damian kümmert sich in diesem modernen Hotel mit großer Wellnessanlage sowie Innen- und Außenpool persönlich um das Wohl der Gäste. Die großzügigen Zimmer und Suiten sind mit Naturmaterialien im alpenländischen Stil, aber ohne jeglichen Kitsch eingerichtet und verfügen neben gratis WLAN über Balkone mit Blick auf die Berge oder die umliegenden Bergwiesen. Im lichtdurchfluteten Restaurant erwartet den Gast feinste Südtiroler und mediterrane Küche sowie eine umfassende Weinkarte mit einer fantastischen Auswahl mit edlen Tropfen aus der Region.

Nach einer Wanderung oder Kletterei aus dem umfangreichen Aktiv-Wochenprogramm empfiehlt sich eine entspannende Massage im Spa, wie etwa die 75minütige Ursteinmassage mit Silberquarzit aus den Pfitschtaler Alpen sowie einer Räucherung zur Tiefenentspannung.
Das Hotel hält viele Übernachtungspauschalen und Zusatzpakete auf der Website bereit.

Klettersteigpaket:

Je nach Schwierigkeitsgrad 110 bis 140 € p.P. inkl. Transfer und Ausrüstung (min. 2, max. 4 Teilnehmer)

I-St.-Zyprian-Straße 69, 39050 Tiers
Tel. +39 0471 642143
www.cyprianerhof.com

Paolinahütte

Die gemütliche Hütte auf 2125 Metern hat eine herrliche Panoramaterrasse, deftige Südtiroler Küche und einige Übernachtungszimmer für alle, die zu einer Tour besonders früh aufbrechen wollen.
Tel. +39 0471 612008 oder +39 347 9489 641
www.paolina-huette.com

Über den Autor*Innen

Wanderfreak Autorin Susanne Wess

Susanne Wess

Susanne Wess ist 1968 in München geboren. Nach langjähriger redaktioneller Tätigkeit beim Fernsehen arbeitet sie seit 1999 als freiberufliche Journalistin und Autorin. Ihre Themenschwerpunkte sind Reisen, insbesondere verbunden mit Berg- und Radsport, Wellness und Lifestyle, sowie Food und Wein. Ihre Leidenschaft für edle Tropfen konnte Susanne  Wess über die Jahre durch ihre frühere Arbeit im Weinhandel, durch zahlreiche Seminare – und natürlich ‘learning by doing’ – stets vertiefen.