Wandern im Ordesa y Monte Perdido Nationalpark

Steil geht es im Ordesa-Tal durch den Wald zur Senda de los Cazadores - (c) Christine Kroll

Der 3.355 m hohe Monte Perdido ist der dritthöchste Gipfel der Pyrenäen und der höchste Kalksteinberg Europas. Er bildet das Zentrum des 1918 eingerichteten Ordesa y Monte Perdido Nationalparks. Der Park hat eine Fläche von über 150 km² und ist damit etwa doppelt so groß wie der Chiemsee. 1997 wurde der Monte Perdido aufgrund seiner einzigartigen Flora und Fauna außerdem von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt. Wanderer können hier noch Bartgeier und Adler bestaunen und in den entlegenen Winkeln des Parks leben Braunbären und Schmutzgeier, die man zwar selten zu Gesicht bekommt, aber in anderen Teilen Europas sind sie bereits ausgestorben.

Um den Monte Perdido schlingen sich vier Täler, die alle Teil des Nationalparks sind und auf unterschiedlichsten Wanderungen entdeckt werden können: Die Täler Ordesa, Añisclo, Escuaín und Pineta.

Das Ordesa-Tal
Das Haupttal des Parks ist das Ordesa-Tal im Westen des Nationalparks. Im Bergdorf Torla gibt es hier neben dem Nationalpark-Hauptquartier unzählige Hotels, Restaurants und Geschäfte, mit allem was ein Reisender benötigen könnte. Die Nationalparkgrenze liegt nur wenige Kilometer von Torla entfernt. Im Sommer fahren Wanderbusse im regelmäßigen Pendelverkehr in den Park hinein, private PKW müssen auf dem großen Parkplatz am Nationalpark-Hauptquartier bleiben. In der Nebensaison dagegen darf man auch mit dem privaten PKW in den Park hineinfahren.

Der Wanderbus hält an einem großen Parkplatz, von dem verschiedene Wanderwege ausgeschildert sind. Die bekannteste Wanderung im Ordesa-Tal führt zum Wasserfall “Cola de Caballo”. Übersetzt heißt das Pferdeschwanz und mit viel Phantasie erinnert der Wasserfall an einen solchen. Die Wanderung zum Wasserfall ist technisch nicht anspruchsvoll: Am Río Arazas führt ein einfacher Weg mit moderater Steigung tief in das Tal hinein. Die Herausforderung der Tour ist die Länge: Der Wasserfall liegt im Talschluss ca. 10 km vom Parkplatz entfernt, hin und zurück sind also 20 km zu gehen.

Eine anspruchsvollere Variante führt über den Höhenweg “Senda de los Cazadores”. Vom Parkplatz geht es zunächst 700 Höhenmeter im Wald steil bergauf zu einem Aussichtspunkt. Von hier hat man einen ersten beeindruckenden Blick auf den Monte Perdido gleich gegenüber. Dann führt der Höhenweg mit wunderschönen Ausblicken sanft abwärts zum Ende des Tals und dem Wasserfall. Der Höhenweg ist deutlich weniger frequentiert und für fitte Wanderer eine schöne Alternative. Der Rückweg erfolgt ebenfalls entlang des Hauptwegs am Fluss. Am Ende hat man auf dieser Route 22 km zurückgelegt.

Das Añisclo-Tal
Im Süden des Nationalparks hat der Río Bellos einen engen Canyon in die Landschaft geschnitten. Der Añisclo-Canyon ist wahrscheinlich die engste und wildeste Schlucht des Parks und wurde in Millionen von Jahren von Schnee und Eis geformt. Vom Wanderparkplatz, den man nur über eine schmale Straße erreicht, führt ein Weg tief in die Schlucht hinein. Je tiefer man hineinläuft, desto schmaler wird die Schlucht und spektakulärer werden die Ausblicke. Immer wieder formt der Fluss schmale Wasserfälle und kristallklare Becken, die kleinen Oasen in der engen Schlucht ähneln. Da der Rückweg ohnehin auf der gleichen Strecke erfolgt, kann man je nach Lust und Fitness den ganzen Canyon durchwandern oder wenn es reicht, umdrehen und zum Parkplatz zurückkehren. Da der Weg nicht eben am Fluss verläuft, sondern immer wieder kleinere und größere Steigungen zu überwinden sind, ist die Wanderung durchaus anspruchsvoll.

Eine schöne Variante ist, zunächst in einem Bogen vom Canyon weg zum kleinen Dorf Sercué zu gehen. Von hier hat man wieder einen tollen Blick auf den Monte Perdido und die tiefe Schlucht. Schließlich wandert man von oben in den Canyon hinein und folgt dann dem Weg am Rio Bellos weiter.

Egal welche Variante man wählt, man kommt auf dem Rückweg an der Ermita de San Urbez vorbei. Die kleine Einsiedelei ist in den Fels integriert und wird anscheinend ab und zu sogar noch genutzt.

Das Pineta-Tal
Etwas abgeschieden vom Rest des Nationalparks liegt im Osten des Parks das Pineta-Tal. Die Zufahrt erfolgt über den Ort Bielsa, kurz vor der Grenze zu Frankreich. Die Straße führt fast bis zum Talschluss, wo man sich vor einer hohen Felswand befindet, auf der der Aussichtspunkt Balcón de Pineta liegt. Von unten wirkt die Felswand praktisch unüberwindbar, tatsächlich führt ein sehr gut ausgebauter Steig hinauf. Der Weg windet sich zunächst durch dichten Wald entlang des Río Cinca. Schließlich verlässt man Wald und Fluss und es wird steiler. Über enge Serpentinen geht es immer weiter hinauf und die Blicke zurück ins Tal werden spektakulärer. Schließlich steht man ganz oben auf dem Balcón de Pineta und das ganze Tal liegt einem zu Füßen.

Wer genug Zeit eingeplant hat, sollte noch über die Hochebene, die fast einer Mondlandschaft gleicht, noch bis zum Lago Marbore weiterwandern. Der See liegt wunderschön in der kargen Landschaft und leuchtet tiefblau. Gegenüber blickt man auf die Reste des Monte Perdido-Gletschers, die leider nur noch einen kleinen Teil des ursprünglichen Gletschers darstellen.

Der Rückweg erfolgt über den gleichen Weg und führt nach guten 18 km und 1.200 Höhen- und Tiefenmetern wieder zurück ins Tal.

Die Schluchten von Escuaín
Ebenfalls im Osten des Parks liegt das kleinste Tal des Nationalparks. Vom Örtchen Escuaín führt ein 10 km langer Rundwanderweg zu den gleichnamigen Schluchten. Entlang des Rio Yaga wandert man in das Tal hinein und genießt faszinierende Blicke in die engen Schluchten. Da die Anfahrt nach Escuaín über eine schmale 16 km lange Straße erfolgt, ist das kleine Tal deutlich weniger frequentiert, als die anderen drei Täler.

Allgemeines
Am Eingang aller vier Täler gibt es Nationalparkbüros, die brauchbare Übersichtskarten und Tourenvorschläge bereithalten. Alle Touren sind sehr gut ausgeschildert und die Wege gut gepflegt und ausgebaut.

Die meisten Unterkünfte findet man in Torla am Eingang des Ordesa-Tals oder in Bielsa im Pineta-Tal, aber auch in den vielen kleineren Ortschaften rund um den Nationalpark finden sich kleine Gasthäuser und Campingplätze.

Die offizielle Webseite des Nationalparks ist leider nur auf Spanisch verfügbar. Sie finden sie hier…

Allgemeine Informationen finden sich auf der Webseite des Spanischen Fremdenverkehrsamtes…

Über den Autor*Innen

Wanderfreak Autorin Christine Kroll

Christine Kroll

Mit einer Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau und anschließendem Studium der Tourismuswirtschaft hat Christine nach dem Abitur ihr Hobby Reisen zum Beruf gemacht. Seit über 20 Jahren arbeitet sie als Produktmanagerin bei verschiedenen Reiseveranstaltern. In ihrer Freizeit ist Christine am liebsten draußen. Je nach Saison findet man sie zu Fuß, mit dem Mountainbike oder auf (Touren-)Ski in den Bergen. Egal ob in den heimischen Alpen oder auf einer ihrer Reisen in Europa und der Welt, draußen aktiv zu sein gehört für Christine immer dazu.